
Wer von der Ansicht ausgeht, dass selbst scheinbar Nebensächliches zu dem Erfolge des Ganzen beiträgt, der wird in seinem Theater eine Musik spielen lassen, die dem Inhalte der Bilder entspricht. Wo dies der Fall ist, wird sich jeder Zuschauer, ob mehr oder weniger musikalisch, davon angezogen fühlen. Das Zusammenwirken der Reize oder Spannungen, welche durch das Bild hervorgerufen werden, mit einer diskreten, der Handlung sich anschmiegenden Musik, rufen einen Zauber in ihm hervor, den er nicht ohne weiteres auf Konto der Musik setzen wird, aber rasch wird er sich klar sein, wenn die Musik eine schlechte ist.
Am geeignetsten zur musikalischen Begleitung lebender Bilder hat sich das Klavierspiel erwiesen: ein Orchester wird seine Aufgabe selbst bei vorzüglichen Leistungen nie so gut erfüllen können, als ein routinierter Pianist, der sich den einzelnen Teilen der Handlungen, bei Dramen und humoristischen Sujets so exakt anzuschliessen vermag, dass man meint, die Musik sei eigens hierzu geschrieben. Man bedenke ferner, dass die Musik im Kinematographentheater nicht Selbstzweck ist, sondern sie soll die Bilder sozusagen nur kolorieren, man darf daher die Farben nicht zu dick auftragen, sodass man darüber den Inhalt des Bildes vergisst. Kurz gesagt, die Musik muss diskret sein; der gedämpfte Klang des Pianos ist dieser Forderung durchaus gewachsen, Orchestermusik hingegen zu laut und aufdringlich, selbst in grossen Lokalen.
Die Bedeutung einer trefflichen Musik darf also kein Kinobesitzer verkennen. Wenn man wünscht, dass die Zeit, da der Kinematograph seine Salonfähigkeit erlangt hat, nicht allzulange auf sich warten lässt, muss man auf diesen Punkt einen ganz besonderen Wert legen.
[S.n.], Die Musik zum lebenden Bilde, “Der Kinematograph”, II 99, 18 november 1908.
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